Montag, 28. März 2011

Nach uns die Sintflut

Dieser Spruch kommt mir in den letzten Tagen oft in den Sinn.
We are one world, singen wir gerne gefühlvoll mit und Japan ist Gott sein dank weit weg.
Wir leben unser Leben weiter, wie bisher, uns hat es ja nicht getroffen. Dass das so nicht stimmen kann, das verdrängen wir lieber.
Retromode, shappy chic, Zeichen einer Sehnsucht nach einer scheinbar besseren, vergangenen Zeit?
Wir dekorieren unsere Wohnung, spielen heile Welt im kleinen. Machen das Kreuz beim Wählen an der vemeintlich richtigen Stelle, geben unser Verantwortung ab und denken, die werden es schon richten.
Wie sehr wünsche ich meinen Kindern und den Kindern aller Nationen eine Welt mit gesunden Lebensgrundlagen. Aber so eine Welt, wird es nie mehr geben. Nur in Filz, hinter Glas. Diese Tatsache gilt es zu akzeptieren.
Ich filze bunt und sehe schwarz. Das Leben geht weiter...

13 Kommentare:

  1. liebe allerleirauh, ich hoffe du wirst bald wieder farben sehen, denn wie schwer es auch ist: die welt dreht sich weiter, und wir sollen auch weiter gehen. hab mut und vertraue die zukumft und hab vertrauen in unsere kinder:)

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  2. Ja - ich kenne momentan genau diese Gefühle. Genau so wie Du es beschreibst geht es mir auch... es fühlt sich alles so leer an. So sinnentfremdet. Man muß wieder den Mut fassen etwas für sich zu ändern etwas kleines wichtiges, was allgemein ein wenig weiterhilft. Und ich finde, daß für uns, solche schönen Bilder von Dir gefilzt auch ein wenig helfen, denn sie schenken Freude!
    Danke dafür.
    Liebe Grüße Tinki

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  3. da ist ein gewisser abstumpfungseffekt zu beobachten, glaube ich. nachrichten aus japan... tja... die werden genauso verdrängt werden wie solche aus chile, haiti... und wer denkt an all die menschen, die gefoltert werden etc.... an tibet?
    mich erschreckt das immer wieder wie schnell der "abstumpfungseffekt" eintritt. selbiges sagte heute morgen ein moderator im radio.
    aber: es ist auch gut, das eigene leben schön zu gestalten. im kleinen gutes zu wirken und bewusst zu leben. ohne schlechtes gewissen. und aus diesem leben dann kraft zu schöpfen, um aufmerksam zu machen auf das leid, auf die achtlosigkeit...
    alles liebe allerleirauh. ich bewundere deine filzsachen immer wieder. maria

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  4. Was wäre die Alternative? Ich verstehe deine Gefühle, mir geht es ähnlich - wir müssen uns abfinden, um überhaupt weiterleben zu können, und vielleicht im kleinen etwas zu ändern, trotz allem. Einen anderen Weg sehe ich nicht.

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  5. Riet, im Moment fällt mir das wirklich schwer, Vertrauen haben.
    Tinki, es ist irgendwie tröstlich zu lesen, das man nicht allein ist mit seinen Gefühlen.
    Maria, ich habe mir bei diesem Text gedacht: "Jetzt habe ich schon so viel über Japan geschrieben, bestimmt denken viel, jetzt reicht es langsam." Ich wundere mich, dass ich nicht schon einen massiven Leserschwund zu verzeichnen habe.
    Lucy, eine Alternative für mich wäre Konsumverzicht oder zumindest sehr bewusster Umgang mit unseren Ressourcen. Und das Nachdenken, über den Sinn meines Lebens. Damit meinen ich z.B. auch das Leben von mehr Menschlichkeit.
    Ich danke euch für eure Kommentare.
    Liebe Grüsse, Allerleirauh

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  6. "In fünfzig Jahren wird es keine Rolle mehr spielen, wieviel Geld wir verdient haben, wie modern unsere Wohnungen eingerichtet waren oder was für ein Auto wir besaßen. Aber es könnte die Welt verändern, dass wir im Leben eines Kindes wichtig waren." - Maria Montessori
    Unsere Kinder sind unsere Zukunft und ich denke, es ist viel wert, wenn wir versuchen, sie zu achtsamen, verantwortungsvollen Menschen zu erziehen.
    Wer weiß, vielleicht ist es ja eines von denen, die die Welt verändern?!
    Liebe Grüße
    Tanja

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  7. Du sprichst mir aus dem Herzen. In Anbetracht der Tatsache, daß die Katastrophe immer unvorstellbarere Ausmaße annimmt, ist dieser Abstumpfungsprozess umso absurder und völlig paradox. Sogar in meinem alltäglichen Umfeld wird merkwürdigerweise sehr wenig über diese Themen gesprochen. Fast habe ich den Eindruck, daß man dieses Themen sogar meidet.
    Ich finde den Weg in einen unbelasteten Alltag einfach immer noch nicht zurück. Es ist ganz sicher richtig, daß man dem Grauen trotz allem die Hoffnung und die Zuversicht - und nicht zuletzt auch die Freude - entgegensetzen muß.
    Ich bin ehrlich dankbar, für die Gemeinschaft und das Gefühl, mit meinem Entsetzen und Grauen nicht alleine zu sein.
    Herzlichst Antje

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  8. Langsam nerve ich wahrscheinlich mit meinen Tagesspiegel-Artikeln, aber heute stand wieder etwas drin zu genau der Ambivalenz, die du beschreibst: http://www.tagesspiegel.de/kultur/vom-nutzen-der-katastrophe/3994314.html
    Fazit: Es braucht alle drei Arten, mit dieser Katastrophe umzugehen: Die Besorgtheit, das "Weitermachen" und das "Wir müssen alles anders machen".
    Ich finde diese Überlegung ganz tröstlich.

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  9. Allerleihrauh, so meinte ich die Frage nach der Alternative gar nicht - bewusster Umgang mit Ressourcen usw. zählt für mich zu den selbstverständlichen Kleinigkeiten, die jeder ändern soll und ändern kann. Ich meinte, gibt es eine Alternative zum Abstumpfen, zum Sich-Abfinden mit den Folgen dieser schrecklichen Katastrophe? Ich glaube ohne ein gewisses Maß an Sich-Abfinden könnte man nicht weiterleben (und auch nichts ändern), ohne verrückt zu werden.

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  10. ich fühle ähnlich, aber ich will dieses "das leben geht weiter" nicht so akzeptieren!!! wir tragen verantwortung und der müssen wir uns endlich stellen - auch wenn es unbequem wird

    lg ninifee

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  11. Ach Lucy,(ein Seufzer), deine Selbstverständlichkeit ist wohl für 90% der westlichen Bevölkerung nicht mal bedenkenswert, geschweige den umsetzenswert, würde ich mal ganz pessimistisch behaupten.
    Die Frage, die du stellst ist letztendlich die Frage in welcher Haltung wollen wir unter gehen.
    Was hat Luther so schön vorgeschlagen? So lasst uns den ein Apfelbäumchen pflanzen.
    Ich für mich habe noch keinen Weg gefunden, ich bin ganz einfach traurig und entsetzt, dass es soweit kommen musste. Aber das Ganze hat im Grunde eine Grösse, die meine Vorstellungskraft übersteigt, deswegen fühle ich mich auch wie betäubt.
    Das Leben geht weiter und wie es weitergeht, das wird die Zeit zeigen. Und welche Haltung ich dazu finden werde, das wird auch die Zeit zeigen.

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  12. allerleirauh schreib:<<...eine Alternative für mich wäre Konsumverzicht oder zumindest sehr bewusster Umgang mit unseren Ressourcen. Und das Nachdenken, über den Sinn meines Lebens. Damit meinen ich z.B. auch das Leben von mehr Menschlichkeit. >>

    das ist ziemlich genau das, was sich bei mir abspielt: ich bemühe mich zwar schon seit jahren um nachhaltiges, resourcenschonendes leben in achtung vor den mitlebewesen - doch vielleicht war ich schon ein bißchen eingeschlafen oder bequem geworden darin. 'japan und die folgen' haben mich jedenfalls wachgerüttelt und nochmal einen schritt aktiv werden lassen: das fahrrad ist reaktiviert (über den winter ist es hier, da eh recht bergig, kein vergnügen zu radeln), ich achte noch mehr auf bewußten umgang mit strom, erwähne das auch immer mehr meinen kindern gegenüber, um bewußtsein zu schaffen etc.


    aber vor allem im zwischenmenschlichen übe ich mich in gelassenheit, mich nicht zu sehr aufzuregen, zu verurteilen, achtsamer zu sein. und ich faste unzufriedenheit, versuche wirklich, mit meinen lebensumständen zufrieden zu sein und nicht rumzumäkeln, denn eigentlich habe ich es sehrsehrsehr gut.

    und statt ein apfelbäumchen zu pflanzen, beackere ich unseren garten und denke dabei an japanische familien, die dies nun nicht mehr können.

    ich danke dir sehr dafür, daß du dir gedanken machst, nicht lockerflockig weiterblogst, sondern dieses thema angehst. ich fühle mich hier in guter gesellschaft.

    auch und gerade weil sich die welt weiterdreht, ist es wichtig, dran zu bleiben! GUT weiterzumachen, nicht oberflächlich. achtsam mit sich, den anderen und der welt.

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  13. Euch allen danke ich für eure Überlegungen und Kommentare.

    es ist die unvorstellbare Schwere der drei zusammenkommenden Unglücke, die unsere bemühungen so nichtig erscheinen lässt, es steht in keiner Relation.

    aber so scheint es nur auf den ersten Blick.

    Früher war es nur hie und da einer, der sich Gedanken machte um die Umwelt, die Ressourcen, die Nachhaltigkeit, der achtsame Umgang , ABER es werden immer mehr.

    darauf vertraue ich.

    und kehre weiter vor meiner Haustür, versuche dort Frieden zu leben, die nächste Generation bewusster und dankbarer aufwachsen zu lassen.

    Besonders im Garten fühle ich mich beim Säen und Pflanzen den Menschen in Japan nahe, soe wie es Frau siebensachen schreibt.

    Sanne

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