Meine Kinder sind mit selbstgenähten Kleidern aufgewachsen. Das war zu einer Zeit, wo Kleider selber nähen noch sehr exotisch war und für erstaunen sorgte.
Das labellos aufwachsen kein Trauma verursacht, beweisst die Tatsache, dass meine Tochter ab und zu mit einem Kleiderwunsch zu mir.
Ich sollte ihr nun ein Brautjungfernkleid, nach vorgegebenem Farbkonzept, nähen.
Ich, als wenig romantisch und traditionell veranlagter Mensch, staune ja, das es das es "Brautjungfern" überhaupt noch gibt.
Als erstes wurden meine alten Schnittmusterhefte durchsucht.
Das ist auch etwas, was mich immer wieder erstaunt, dass immer noch neue Schnittmuster entwickelt werden. So viel Spielraum gibt es, wenn man nicht gerade Haute couture nähte, meiner Meinung nach gar nicht.
Wir einigten uns auf eine Kleid aus einem Brigitte Sonderhefte Jahrgang 2000.
Aus Erfahrung weiss ich, dass ich bei meiner Tochter die Schnittmuster abändern muss.
Das heisst dann, als erstes aus billigen Stoff ein Probekleid nähen. Das wurde dann wirklich ein Kleid für die Tonne.
Die notwendigen Änderung werden dann auf das Schnittmuster übertragen. Bei diesem Kleid habe ich, neben den Figuranpassungen ausserdem, der Mode entsprechend, den Saum hinten länger als vorne gemacht. Ausserdem habe ich den Rückenreissverschluss in die Seitenaht verlegt. Dort ist es nicht so schlimm, wenn er nicht akurat schön eingenäht ist.
Der Stoff, den meine Tochter ausgesucht hat, machte mich dann ziemlich nervös.
Denn er war nicht ganz billig und ausserdem eine hauchdünne Seide, bei der nachträgliche Änderungen nicht möglich sind, ohne den Stoff zu ruinieren.
Darum habe ich dann ein zweites Probekleid genäht, dass schon recht gut gepasst hat, ich musst nur noch etwas Weite heraus nehmen.
Als meine Tochter zur Anprobe kam, war ich schon trotzdem auf Nadeln, aber ich hatte Glück, das Kleid passt wie angegossen.
Das Brautpaar hatte auch Glück, die Hochzeit konnte statt finden.